Leseprobe Begleitservice

Nummer 10

Es ist Samstag mittag, als Alexandra der Anruf von der Agentur erreicht: “Ja, ich weiß, dass du eine Pause einlegen willst, verstehe ich auch, aber ich habe keine Mädchen. Luna ist immer noch im Krankenhaus, Karins Mann hat da was mitgekriegt, die kann vorläufig nicht. Du musst jetzt einfach einspringen. Es ist ein ganz Netter, er ist schon zweiundsechzig, das könnte doch deine Kragenweite sein. Zwei Stunden in so einem Kaff in der Nähe, hört sich wirklich gut an sonst würde ich dich nicht darum bitten. Ich weiß doch, dass du nicht nein sagen kannst.“ „Na gut, sag schon die Nummer. Wer bin ich denn diesmal?
Wenn du meine Identität so oft wechselst, kann ich mir die Einzelheiten gar nicht gut merken.“ „Na gut, dann bleiben wir bei der Krankenschwester, das kommt immer gut an. 49 wie immer.“
Als Alexandra anklingelt, meldet sich ein älterer bescheiden klingender Mann, der nach ihrem Alter, der Größe und dem Gewicht fragt. Was er hört, scheint ihm angenehm zu sein. Ob sie sich nicht duzen könnten, fragt er, das wäre sonst so steif.  Sie vereinbaren 15.00 Uhr. „Kannst du auch Spielzeug mitbringen?“ „Was stellst du dir denn so vor?“ „Na, vielleicht einen gutgehenden Vibrator?“  „Scheiße“, denkt Alexandra „damit wollte ich eigentlich nichts mehr zu tun haben. Am besten du bringst dem Herrn gleich bei, was nicht geht.“ „Gut mache ich, ich habe einen  mit einem stimulierenden Aufsatz obendrauf. Solls der sein?“ „Ja, das wäre in Ordnung.“ „Aber nicht anal“, verkündet Alexandra vorsichtshalber.
„Ach was, das ist nicht mein Ding. Also 15.00 Uhr, ich heiße Karl, bin aber schon 62, hoffentlich stört dich das nicht.“ „Das macht nichts, bis gleich. Soll ich mein Auto um die Ecke abstellen?“ „Du kannst hier auf dem Hof parken, brauchst dann nicht lange nach einem Parkplatz zu suchen.“
Alexandra sieht auf ihrem Navigationsgerät, dass der Ort 45 km weit entfernt ist. Bis 80 km muss sie laut Vertrag ohne Benzingeld fahren. Sie findet, dass das ganz schön viel ist und große Kosten verursacht.
Es ist kurz vor drei, als sie das Haus Nummer zehn findet. Eine abgetakelte alte Villa, in der keiner wohnt. „Will dich hier jemand verscheißern?“ überlegt sie. Schon wieder so ein  grusseliger Ort, Angstgefühle überkommen sie:“ Hätte ich den Auftrag bloß nicht angenommen.“ Kein Mensch in der Nähe. Sie schleicht um das marode Gebäude, da die Sonne hell scheint, kann man den verwahrlosten Zustand gut erkennen. Auf der Rückseite scheint jemand im Souterrain zu wohnen, es sieht sehr einfach aus und es ist die richtige Adresse.
Eine Klingel gibt es nicht. Alexandra klopft an die Tür. Es öffnet ein älterer
nicht sehr großer Herr in schlichter Kleidung mit schönem weißem Haar. „Was wird denn das werden? „ fragt sich Alexandra „der sieht ja älter aus als ich.“ „Komm rein, ich bin Kurt“ bittet er sie in das einzige Zimmer, eingerichtet wie in der DDR. An der Seite vor dem Fenster steht ein Bett. An dem Muster der Bettwäsche sieht man, dass sie aus der Zeit vor der Wende stammt. Allerdings zeigen die Kniffe und Falte, dass sie frisch aufgezogen wurde. In der Mitte vor einer klitzekleinen Küchenzeile steht ein runder Couchtisch mit zwei Stühlen aus den zwanziger Jahren. Alexandra meldet ihre Ankunft bei Barbara. „Das ist ja bei euch wie beim Militär“, bemerkt Kurt. „Das ist zu meiner Sicherheit“ erklärt Alexandra.  „Ich tu keinem was.“ „Das glaube ich dir, aber es gibt ja auch Männer, die anders sind.“ Sie denkt mit einem unangenehmen Gefühl an ihren letzten Kunden.
Kurt läuft nervös hin und her, erklärt, dass er aufgeregt sei, weil er das noch nie gemacht habe. „Ach weißt, du, ich mache das auch erst das dritte Mal“, beschwichtigt ihn Alexandra. „Ja, aber was soll man denn machen, wenn man mal Spaß haben will? Immer nur unter der Dusche, das ist doch nicht schön. Ich finde das unwürdig. Ich habe es immer so gern mit einem Weib gemacht, da hatte ich so viel Spaß dran.“ „Das mit dem Masturbieren sehe ich nicht so, das machen doch alle, die allein sind, Frauen genauso wie Männer.“
Alexandra fühlt sich überlegen, will das aber nicht raushängen lassen, um ihn nicht noch kleiner zu machen, als er sich fühlt.  „Wollen wir nicht erst mal einen Kaffee zusammen trinken und plaudern, damit wir uns etwas kennenlernen?“ „Na klar, aber ich habe keine Milch, ist das schlimm. Wenn ich das gewusst hätte, wäre welche da. Entschuldige bitte.“ „Ist doch nicht schlimm, nehme ich etwas mehr Honig“, erklärt Alexandra auf das auf dem Küchenbord stehende Glas weisend. „Früher war bei mir alles besser, das war, bevor ich den Unfall hatte. Nun geht gar nichts mehr. Aber nun bist du ja da. Ich weiß bloß nicht, wie wir anfangen wollen“, ist er sich mit einem verlegenem Lächeln unschlüssig. Das Lächeln ist schön und macht ihn sympatisch. Er muss so ein ganz Gutmütiger sein. Wieder läuft er in dem kargen Raum auf und ab, geht durch eine Tür zur Toilette, kommt zurück, weiß nicht weiter. Alexandra muss auch mal aufs Klo, bevor es losgeht. Der kleine Raum mit Dusche ist pingelig sauber. Die Kosmetikartikel stehen in Reih und Glied, in einem Regal uralte saubere Handtücher. „Das werde ich wohl jetzt in die Hand nehmen müssen“, glaubt Alexandra zu wissen, als sie wieder zurückkommt. „Wir ziehen uns jetzt aus. Ich habe extra schöne Unterwäsche für dich angezogen, soll ich etwas anbehalten?“ „Ja, behalte das Oberteil an, es sieht so sexy aus, das macht mich an.“ Alexandra hatte die rote geschnürte Corsage angezogen, dazu einen passenden Spitzenslip.
Alexandra holt ihre Utensilien, die Gleitcreme, die Kondome und den Vibrator. Kurt setzt sich vor sie und bittet sie, die Beine so weit wie möglich auseinander zu machen. „Was geht hier los“, überlegt Alexandra. „Was habe ich zu tun?“ sie nimmt sein lebloses Glied in die Hand und versucht, etwas daraus zu machen, zwecklos. Inzwischen hat Kurt die verschiedenen Funktionen des Vibrators bewundert und will zur Tat schreiten. Er benutzt das Gleitgel und  führt den Vibrator ein. Nach einiger Zeit fragt er immerzu: „Ist das nicht schön, ist das nicht geil?“ Bei Alexandra stellen sich wirklich Gefühle ein, weil er das Gerät so geschickt benutzt, es fällt ihr nicht schwer, zu stöhnen. Immer wieder die gleichen Aufforderungen:. „Sag, was, los sag was“, eher bittend als befehlend. Alexandra weiß nicht, was sie sagen soll, normalerweise redet sie dabei nicht. „Zeig mir deinen Kitzler, mach ihn groß“. Alexandra zieht ihre Schamlippen nach oben. Kurt freut sich über das, was er zu Gesicht bekommt.  Sie hat die Augen zu und weiß nicht, wie er aussieht, sie hört nur seine Worte: „Das sieht ja toll aus. Das muss ich jetzt richtig bearbeiten“. Womit er das tut, weiß Alexandra nicht, er trifft aber mit Sicherheit die Stelle, die es passieren lässt. Er ist ganz glücklich darüber. Gelegentlich hatte Alexandra versucht, sein Glied zu stimulieren, war aber ob seiner intensiven Tätigkeiten davon abgekommen. „Was soll ich tun, damit es schön für dich ist?“ „Es ist in Ordnung so“. „ Ich möchte nur, dass du kommst, daran kann ich dann später immer denken.“ Wobei fragt Alexandra nicht. „Wollen wir noch mal?“ Diesmal steckt er den Zeigefinger in ihre Scheide und bearbeitet mit dem Daumen gekonnt ihren Hügel. Für sie fühlt es sich an, als wäre alles da unten eine Klitoris, es ist ein sanftes ewiges Kommen, sie genießt es und es stellt sich ganz unspektakulär ein Orgasmus ein, dem sie ihm durch einen Aufschrei demonstriert. Für Alexandra ist das wie eine Befriedigung ohne körperlichen Kontakt. Es fühlt sich seltsam technisch an.

Sie nimmt das Gespräch wieder auf, streichelt ihn sacht mit den Füßen, weiß nicht, ob ihm das guttut, keine Reaktion. Er zeigt nun öfter sein schönes Lächeln. Vielleicht war er mal ein attraktiver  Mann? Er erzählt von seinem Alltag, von seinem Alleinsein, ohne zu jammern, wie ein sachlicher Bericht. Und das Erstaunliche ist dabei, dass er trotz dieser nicht zu verschweigenden Armut eine Würde besitzt. Es ist schlecht zu beschreiben. Nicht anklagend, sondern erstaunt setzt er sich mit den Gefühlslosigkeiten des Alltags und der Verrohung der Mitglieder unserer Gesellschaft auseinander. Ja, es gibt da eine Frau, die ihn interessiert, zehn Jahre jünger, aber der sei er nicht agil genug. Wieder eine
Feststellung bar jeglicher Gefühle. Freunde habe er, ja, aber die wohnen weit weg. Er gehe viel spazieren und habe eine kleine Werkstatt hinter seiner Wohnung, wo er sich viel beschäftige. Er würde kleine Reparaturen für Nachbarn, Bekannte und Freunde ausführen. „Ich helfe gerne anderen, wenn sie s zu schätzen wissen“, sagt er stolz.  Kinder keine. Ehe schon vor langer Zeit geschieden. Pessimismus, nun will ihn keine mehr haben.
Alexandra redet ihm Mut zu, macht ihm Vorschläge zur Lebensgestaltung und Komplimente dafür, was er für ein guter Liebhaber ist, ist er wirklich, wenn Frau nur Befriedigung ohne Berührung haben will. Sie ruft Barbara an, dass sie nun gehen würde. Kurt möchte noch eine Zigarette mit ihr rauchen, das tut er nur zu besonderen Gelegenheiten. Sie schweigen zusammen und es herrscht eine ungewöhnliche Eintracht und Stille. Barbara ruft wieder an. „Okay, wir haben noch ne Zigarette zusammen genossen, ich ruf dich vom Auto aus an.“
„Militärisch“, meint Kurt. Sie küsst ihn zum Abschied sanft auf die Wange. Da hat er wieder dieses betörende Lächeln.